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Die (französischen) Aufklärer prägten des Preußenkönigs Denken: Voltaire trägt Friedrich vor.

Warum Friedrich tolerant war
Das Prinzip des Preußenkönigs hatte sowohl theoretisch-weltanschauliche als auch praktisch-handfeste Ursachen
von Frank-Lothar Kroll

Es gibt viele Möglichkeiten, sich der historischen Gestalt Friedrichs des Großen anlässlich seines 300. Geburtstages zu nähern. Eine davon, die aus heutiger Sicht vielleicht wichtigste, vermittelt der Blick auf die Handhabung des friderizianischen Toleranzprinzips.

Preußens berühmtester König hat seine nicht weniger berühmte Devise 1781 anlässlich eines Streites formuliert, der damals über die Einführung eines neuen Kirchengesangbuches unter den Theologen seines Landes entbrannt war: „Ein jeder“, so meinte Friedrich, „kann bei mir glauben, was er will, wenn er nur ehrlich ist. Was die Gesangbücher angehet, stehet einem jeden frei zu singen: Nun ruhen alle Wälder, oder dergleichen dummes und törichtes Zeug mehr. Aber die Priesters, die müssen die Toleranz nicht vergessen, denn ihnen wird keine Verfolgung gestattet werden.“

Friedrich hat sich immer wieder derart unmissverständlich zum Grundsatz uneingeschränkter Duldung Andersdenkender bekannt, dass man in der Gewährung von Glaubensvielfalt und Gewissensfreiheit den Grundpfeiler seiner inneren Politik erblicken kann. Und dies geschah nicht bloß aus Gründen der Gleichgültigkeit. Sein Bekenntnis zur religiösen Toleranz stand vielmehr in einem weitgespannten intellektuellen Argumentationsrahmen. Die Eckpunkte wurden durch das philosophische Denken der europäischen Aufklärung markiert.

Alle höherstehenden Religionen zeichneten sich für Friedrich durch ein gleichgeartetes Moralfundament aus. Sie hatten daher auch einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Geleitet von einem prinzipiellen Skeptizismus, wie er ihm durch die Schriften des französischen Philosophen Pierre Bayle vermittelt worden war, empfand Friedrich jeden Anspruch irgendeiner Konfession auf absolute Heilsgewissheit als schlichte Zumutung. Vielmehr seien zahlreiche Wege zur Wahrheitserkenntnis möglich, ja sogar erforderlich. Daher sei dem Einzelnen Zurückhaltung beim Urteil über die Meinung anderer nahezulegen. Und vom Staat sei die Duldung aller dieser Wege zu fordern.

Neben solchen religionsphilosophischen Erwägungen speiste sich Friedrichs Toleranzdenken aus der naturrechtlichen Lehre vom Herrschaftsvertrag. Diese Lehre hatte er den Werken Montesquieus, Voltaires und Rousseaus entnehmen können. Demnach war das Volk als die Summe einstmals freier Individuen Träger der ursprünglichen Souveränität. Es hatte dann dem Regenten zwar bestimmte Herrschaftsrechte übertragen, um Gesetz und Ordnung gewahrt zu sehen. Das Recht, über die Gewissen der Untertanen zu entscheiden, gehörte jedoch nicht dazu. Dieses war prinzipiell unveräußerlich. Kein Herrscher durfte es antasten. Glaubens- und Gesinnungsfreiheit waren daher integrale Bestandteile der Staatsauffassung Friedrichs des Großen.

Seine Forderung nach religiöser Toleranz ergab sich aber auch aus ganz konkreten Gegebenheiten. Im Jahr 1613 war der damalige brandenburgische Kurfürst Johann Sigismund für sich und seine Dynastie vom Luthertum zum Calvinismus konvertiert, ohne dabei allerdings von seinen Untertanen denselben Schritt zu verlangen. Er hatte damit stillschweigend auf das ihm zustehende Recht der Glaubenshoheit verzichtet. Und er hatte, streng genommen, auch gegen die reichsrechtlichen Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens von 1555 verstoßen. Denn diese schrieben ausdrücklich vor, dass die Bürger die gleiche Konfession wie ihre Obrigkeit besitzen sollten. Alle kurfürstlichen und königlichen Nachfolger Johann Sigismunds haben dies so gehalten. Der preußische Staat war damit bereits im 17. Jahrhundert zu einer Regierungspraxis übergegangen, die in der Duldung unterschiedlicher Glaubensbekenntnisse geradezu ein Gebot der politischen Notwendigkeit erblickte. Denn der Landesherr besaß ja ein anderes Bekenntnis als die große Mehrheit seiner Untertanen. Nur durch eine Politik der religiösen Toleranz war der konfessionelle Friede zu gewährleisten, nur so konnte ein harmo­nisches Zusammenleben aller ga­rantiert werden.

Wohlstand und Wachstum des Landes hingen daher unmittelbar von der freien geistigen Entfaltungsmöglichkeit seiner Bewohner ab – wenn man nicht, wie in Spanien oder ab 1685 in Frankreich, einen konfessionell einheitlichen Staat anstrebte und dieses Ziel durch Unterdrückung, Vertreibung und Ausrottung anderer Bekenntnisse erzwingen wollte. Eine solche Politik ist von Friedrich niemals auch nur ansatzweise erwogen worden. Er erblickte vielmehr im konfessionellen Pluralismus ein Element, das der Wohlfahrt seines Landes diente, und das es daher zu fördern und zu bewahren galt.

Friedrichs Toleranzpflege wird auf vielen Feldern seines praktischen Regierungshandelns sichtbar, so etwa in der Ausländerpolitik. Der friderizianische Staat sah in der Zuwanderung landfremder Fachkräfte eine willkommene Bereicherung der Volkszahl und des Volkswohlstandes, unabhängig von dem jeweiligen religiösen Bekenntnis der Kolonisten. Durch entsprechende Ansiedlungspatente wurden zwischen 1741 und 1770 immer neue rechtliche Voraussetzungen für die privilegierte Niederlassung ausländischer Glaubensflüchtlinge in Preußen geschaffen.

In seiner Kirchenpolitik strebte Friedrich danach, vor allem die konfessionellen Gegensätze zwischen Lutheranern und Reformierten auszugleichen. Innerhalb beider protestantischer Kirchen förderte er die Ausbreitung aufklärerischen Ideenguts. Darüber hinaus nötigte ihn der Erwerb Schlesiens 1740 zu einer Annäherung an die Katholiken. Denn damals war die Zahl seiner katholischen Untertanen auf das Achtfache gestiegen. Jedes öffentliche Verketzern ihrer Konfession ahndete er daher auf das Strikteste.

Und Friedrichs Verhältnis zum Judentum? Auch hier basierte die Politik des aufgeklärten Monarchen auf dem Prinzip der rechtlichen Gleichbehandlung aller Staatsbürger. Das berühmte Generalpatent von 1750 garantierte den preußischen Juden weitgehende Freiheit bei der Praktizierung ihres Glaubens. Und es nahm sie vor möglichen Übergriffen anderer Konfessionen ausdrücklich in Schutz. Ob sie darüber hinaus jedoch Benachteiligung oder Bevorzugung seitens des Königs erfuhren, ob ihnen erhöhte Steuerlasten, Sonderabgaben und Handelsbeschränkungen auferlegt wurden, oder ob ihnen Prämien und Privilegien, Konzessionen und Monopole bei Fabrikgründungen winkten – alles dieses richtete sich nach dem Nutzeffekt, den solche Maßnahmen für das Staatswohl erbrachten. Entscheidend war der aus ihnen erwachsende Gewinn für das Wirtschaftsleben des Landes, letztlich also ihr Beitrag zum gemeinschaftlichen Besten.

Aus alledem wird deutlich: Friderizianische Toleranz war, theoretisch wie praktisch gleichermaßen, ein Ergebnis aufklärerischen Denkens und zweckrationalen Kalküls. Sie stand im Dienst des Staatsinteresses und sie folgte dem Prinzip der preußischen Staatsräson. Toleranz war nicht umsonst zu haben, nichts war im friderizianischen Preußen umsonst zu haben. Eine solche Orientierung am Zweckmäßigen und Nützlichen markiert denn auch die Grenzen der Toleranz bei Friedrich. Denn diese Toleranz war ausschließlich eine Angelegenheit der geistigen und religiösen Sphäre. Sie war bezogen auf den Bereich des Glaubens, des Gewissens und der Gesinnung, auf die innere Freiheit persönlichen Meinens und Denkens. Sie war daher nur insofern politisch, als sie die Rechtsgleichheit der Bürger verschiedener Konfessionen gewährleistete. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf aktive bürgerliche Mitsprache, gar auf eine emanzipatorische Mitgestaltung staatlichen Lebens, lag jenseits der Grenzen des friderizianischen Toleranzbegriffs.

Mithin wird man in Friedrichs Toleranzverständnis heute, zum 300. Geburtstag des Königs, nur sehr bedingt einen Wegweiser erblicken können, der in die Richtung moderner individualrechtlicher Anschauungen deutet. Solche Anschauungen sollten erst das Denken des nachfolgenden 19. Jahrhunderts bestimmen. Dennoch hält der Umgang des größten Preußenkönigs mit dem Problem der Toleranz eine Grundeinsicht bereit, die auch heute noch gültig ist: die Einsicht nämlich, dass Toleranz gegenüber fremden Meinungen und anderen Auffassungen nicht nur ein Gebot humaner Lebensführung darstellt, sondern dass sie auch dem staatlichen Gemeinwesen Nutzen, Gewinn und Vorteile bringt.

Frank-Lothar Kroll - Der Autor ist Professor für Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der Technischen Universität Chemnitz und Vorsitzender der Preußischen Historischen Kommission.

Quelle:
Preußische Allgemeine Zeitung / Das Ostpreußenblatt Ausgabe 25/12, 23.06.2012

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